Naturnaher Garten

Naturnaher Garten


Ein Naturgarten mag für das Auge eines ordnungsbewussten, an sauber gepützelten Rasen- und Steingärten gewohnten Betrachters aussehen wie das reinste Chaos. 

Nicht selten werden Äusserungen in der Art laut:

„Das sieht ja total vernachlässigt aus!“ „Haben die denn keinen Sinn für Ordnung?“ „Denken die, sie wären alleine hier?“ „Die spinnen ja, alles wuchern zu lassen.“ „Das ist ja schade um das schöne Haus.“ „Da wimmelt es sicher von Mücken und Wespen.“ „Das ist keine ansehnliche Umgebung.“

Der Naturgarten-Besitzer indes hat für die sauber gepützelten Rasen- und Steingarten-Wüsten meist nur ein müdes Lächeln übrig – und für die genannten Äusserungen erst recht. 

Aber hat denn ein solcher Naturgarten wirklich Vorteile?

Ja! Wenn man nicht gerade Golf spielen möchte in jeder Ecke, hat ein Naturgarten sehr viele Vorteile.

Der Naturgarten…

… ist artenreicher – voller Leben
… bietet Nahrung, Deckung, Brut- und Nistplatz für Tiere
… hält Schädlinge und Lästlinge durch Nützlinge in Schach
… ändert immer mal wieder sein Bild
… ist bunter
… lässt sich immer wieder neu entdecken 
… lernt uns die Natur besser zu verstehen
… bietet ein angenehmeres Klima
… heizt nicht auf, wie ein Steingarten
… trocknet weniger aus
… wird nicht mit Gift verseucht
… ist weniger arbeitsintensiv
… ist kostensparend
… ist im ökologischen Gleichgewicht
… ist umweltfreundlich
… ist gesund
… macht glücklich!

Das sollten genug Argumente sein, um sich für einen naturnahen Garten zu entscheiden. Haben Sie Mut zur Veränderung und scheren Sie sich um die Blicke und Nachreden ennet des Gartenzaunes. Denn Sie wissen, dass Sie das Richtige tun für sich und die Umwelt.

Tipps für mehr Natur im Garten

  1. Giftstopp
    Auf dem Weg zum Naturgarten, ist der erste Schritt der Giftstopp. Pestizide haben – hier erst recht – nichts verloren. Es ist zugleich der einfachste Schritt. Er spart Kosten und schädigt auch die eigene Gesundheit nicht. Weitere Infos zum Pestizidverzicht gibt dieser Ratgeber.

  2. Rasen vs. Blumenrasen oder -wiese
    Ein Rasen kann sehr praktisch sein. Aber muss sich dieses Einheitsgrün, das kaum Lebensraum bietet, bis in jede Ecke erstrecken? Stellen, die nicht oft oder gar nur zum Rasenmähen betreten werden, bieten sich an in eine Blütenpracht umzuwandeln. Das wöchentliche Mähen kann erspart werden. Düngen, Vertikutieren und Herbizide sind kein Thema. Man spart Zeit und Geld und geniesst dabei einen schönen Anblick. Nebenbei werden Insekten und Vögel gefördert. Ein Blumenrasen kann durchaus auch betreten werden und ist 4 – 8 Mal zu mähen. Bei der Blumenwiese genügen gar 2 – 3 Schnitte. Wie oft mähen Sie Ihren Rasen?

  3. Bienenweiden
    Wenn Sie Punkt 1 und 2 befolgen, machen Sie schon viel Gutes für die Honigbienen, Wildbienen, Wespen, Schwebfliegen, Käfer etc. Wenn Sie den Blumenrasen oder die Blumenwiese noch mit einen Hochstaudenflur und Sträuchern kombinieren, schaffen Sie ein Paradies für die Tiere in Ihrem Garten. Bitte säen und pflanzen Sie einheimische Pflanzen. Diese sind an die hiesigen Bedingungen angepasst und die einheimischen Tiere sind wiederum an die Pflanzen angepasst.

  4. Wasserstellen
    Die nektar- und pollensuchenden Insekten in den Blumenwiesen und Sträuchern wollen auch trinken. Auch die gefiederten Gartenbewohner haben Durst und gönnen sich sehr gerne ein Bad. Auch der Igel freut sich über eine offene Wasserstelle.
     
  5. Insekten-Nisthilfen
    Nein, kein Insekten-Hotel! Die Insekten checken ja nicht mal ein, zwei Nächte ein, sondern wollen hier ihren Nachwuchs aufziehen resp. entwickeln lassen. Daher sprechen wir von Nisthilfen. 
    Vielfach ist das Montieren einer Nisthilfe der erste Schritt, wenn jemand einen bisschen Natur im Garten fördern will. Wenn dann aber rundum die Nisthilfe nur Rasen- und Schotterflächen zugegen sind, ist das absoluter Quatsch. Ohne die vier ersten aufgeführten Punkte, ist nicht an Wildbienenförderung zu denken!
    Im Handel sind mittlerweile überall hölzerne Nisthilfen in Häuschen-Form erhältlich. Die meisten sind aber eher nutzlos. Entweder sind sie falsch gebaut oder mit ungeeigneten Materialien ausgestattet. Es gibt sogar solche, die mit Plastikröhrchen besetzt sind, die Beobachtungserfolge suggerieren, aber dessen Bruten mit höchster Wahrscheinlichkeit zum Absterben gebracht werden.
    Mit diesen Häuschen, die zugegebenermassen ja herzig aussehen mögen, werden aber nur die ohnehin noch häufigen Arten gefördert. Denn nur gegen 20% aller Wildbienen-Arten sind Hohlraum-Bewohner. Über die Hälfte sind Erdnister. Wenn Sie Wildbienen fördern wollen, schaffen Sie Nistmöglichkeiten am Boden. Der Aufwand ist vergleichbar oder gar geringer. Zudem müssen Sie nicht alle zwei bis drei Jahre ausbessern oder komplett erneuern wie bei den Häuschen.

  6. Unkraut 
    Das wohl schwierigste Thema des Verfechters eines „sauberen“ Gartens – Unkraut. Man kann auch von Beikräutern sprechen, das macht es schon ein bisschen erträglicher. Auch der Naturgärtner lässt nicht jede Distel oder jeden Hahnenfuss wachsen. Es darf aber auch Platz haben für weniger beliebte Gewächse. Vielen Tieren sind diese Pflanzen sehr wichtig. Schlussendlich erfreut einem der Anblick des Stieglitz‘, wenn er am Stängel schaukelnd die Samen aus der Gänsedistel pickt.

  7. Gartenvögel
    Die rückläufigen Bestände der Vögel in unseren Gärten sind die Folge von futterlosen Rasen- und Steinwüsten, gepaart mit dem unsinnigen Ausbringen von Pestiziden. In einem naturnahen Garten hingegen fliegen die Vögel nicht nur drüber, sondern machen Rast oder wohnen gar im Garten. Sie fressen und trinken hier. Sie fangen Insekten für den Nachwuchs. Sie sammeln Nistmaterial oder brüten sogar. Sie können sich im Dornengeäst verstecken vor Räubern.
    Ein naturnaher Garten wird im Verlauf des Jahres nicht selten von gegen 30 Vogelarten besucht. Nebst kleineren Arten wie Zaunkönig, Zilpzalp und Girlitz, Allerweltsarten wie Amsel, Haussperling und Hausrotschwanz oder grösseren Vertretern wie Buntspecht, Elster und Eichelhäher, suchen auch farbenfrohe Vögel wie Stieglitz, Rotkehlchen und Goldammer den Naturgarten auf.
    Das Angebot bestimmt die Besucher. 
    – Offene Wasserstellen zum Trinken und Baden
    – Deckungsmöglichkeiten, wo die Katze den Vogel nicht erwischt
    – Nistmöglichkeiten anbieten
    – Glasflächen vogelkollisionssicher verbauen
    – Verblühte Pflanzen stehen lassen, damit die Samen gesammelt
    werden können
    – Einheimische Stauden anbieten, an die die Vögel angepasst sind
    – Einheimische beerentragende Sträucher pflanzen

  8. Einheimische Pflanzen
    Die Vielfalt und Schönheit der einheimischen Pflanzen ist sehr gross. Es muss nicht exotisch sein, um Farbe in den Garten zu bringen, obwohl fremde Pflanzen durchaus auch einen Garten bereichern dürfen. Hier ist aber Vorsicht geboten, denn es gibt auch invasive Exoten (Neophyten). Es sind leider nicht alle diese invasiven Neophyten im Handel verboten, werden dadurch immer noch verkauft und verursachen teils grosse Probleme. Mehr dazu in diesem Ratgeber.

    Samenmischungen mit einheimischen Blumen gibt es mittlerweile überall im Handel. Nicht alle mit Schweizerkreuz bezeichneten Pflanzen sind aber Wildformen. Es können auch Zuchtformen sein aus der Schweiz, die aber steril sind und nicht den erhofften Blütenbesuch gewährleisten. 
    Bei Sträuchern wird es schon schwieriger einheimische Wildformen zu finden. Da fragen Sie am besten nach bei Ihrem Anbieter. 
    Sie können auch NaturReiden kontaktieren. Wir beraten Sie gerne bei der Auswahl von einheimischen Sträuchern. 

  9. Auf- und Abräumen
    Den Aufwand, den sich viele Leute leisten fürs ständige Aufräumen und Abräumen im Garten, Entsorgen von Grünzeug, Giessen der Beete etc., könnte nicht nur verringert, sondern es könnten zugleich auch Kosten eingespart werden. 
    Lassen Sie die Schere mal liegen, den Besen und Giesskanne stehen und nutzen Sie die Zeit zum Beobachten Ihres Naturgartens. 
    Es muss nicht jedes Beikraut gejätet werden. Wenn doch, kann es als Mulch liegengelassen werden. Auch Rasenschnitt, übrige Blätter von Gemüse oder Laub kann als Mulch verwendet werden. Der Boden bleibt länger feucht und Sie können sich einige Kannen Wasser sparen. Das Bodenleben wird angeregt, Humus aufgebaut und der Boden wird vor Erosion durch Wind und Ausschwemmung geschützt.
    Aus anfallendem Laub oder Schnittgut von Sträuchern können Laub- resp. Asthaufen angelegt werden. Sie ersparen sich die Grünabfuhrgebühr und schaffen mit den Haufen Lebensraum für diverse Gartenbewohner, die darin nisten, sich verstecken oder den Winter verbringen.
    Lassen Sie einige verblühte Pflanzenstängel stehen oder legen Sie sie locker an einen trockenen Ort. Darin nisten Insektenlarven, die hier auch den Winter überdauern. Die Pflanzenstängel zieren den Wintergarten. Wilde Karden oder Sonnenblumen sind wahre Vogelmagnete. Sie können den Kauf von Winterfutter einschränken.
    Was nicht stehen gelassen, nicht als Mulch verwendet werden kann oder nicht geeignet ist für Haufen, geht auf den Kompost. Auch Rüstabfälle aus der Küche (keine gekochten Essensreste) finden Platz im Kompost. Dieser schluckt Unmengen an Grünzeug. Sie sparen sich so manche Gebührenmarke oder Grünabfuhrgebühr.
    Nebenbei bilden Sie den besten Dünger für den Garten. Sie bringen die Nährstoffe zurück in die Beete und können gänzlich auf den Kauf von Düngemitteln verzichten. 

  10. Mischkultur
    Wenn Sie statt Monokulturen Mischkulturen anlegen im Gemüsebeet, können sich Pflanzen gegenseitig schützen. Die Zusammensetzung ist dabei wichtig. Welches Gemüse unterstützt welches und welche vertragen sich nicht. Massenvermehrungen einzelner Schädlinge werden natürlich abgewehrt bei der richtigen Kombination. Wenn zum Beispiel Blattläuse auftauchen, sollte man nicht gleich in Panik geraten. Lassen Sie den Nützlingen Zeit. Sie müssen ihre Beute erst noch finden. Schauen Sie in zwei, drei Tagen nochmals nach. Meistens wurden die Läuse schon dezimiert. 
    Wenn nicht, kann der Griff zu einem biologischen Mittel weiterhelfen. 
    Tipp zur Beetgestaltung: Legen Sie die Reihen nicht längs (wie meistens gewohnt), sondern quer an. Das vereinfacht die Bearbeitung der Beetreihen und Zwischenräume erheblich, da Sie gerade zum Beet stehen, statt im 90°-Winkel hacken müssen. So sehen Sie auch besser in die Reihen. Probieren Sie es aus.

  11. Umgraben
    Im Herbst die Beete umgraben oder pflügen ist eine schweisstreibende Angelegenheit und absolut unnötig. Der Boden besteht aus verschieden Schichten, wo in jeder Schicht andere Bodentiere leben und ihren „Job“ verrichten, damit fruchtbarer Boden entstehen kann. Wenn Sie nun umgraben, stellen Sie den Boden auf den Kopf. Lockern mit der Spatengabel und Aufhacken genügt. Das ist auch streng, aber weniger.

Weitere Infos wie Sie Ihren Garten vogelfreundlich gestalten und pflegen können, finden Sie hier.